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22.03.2024

Trotz Krieg: Olivenöl für Heilige Öle kommt aus Palästina

Foto: Geraldo Hoffmann/pde

Komturdame Marlies Müller und Domkapitular Reinhard Kürzinger, Prior (geistlicher Begleiter) des Ritterordens in Eichstätt, überreichen dem Mesner des Domkapitels, Denis Friedrich, das Olivenöl aus dem Heiligen Land. Foto: Geraldo Hoffmann/pde

Marlies Müller/pde

Olivenölmühle im Dorf Taybeh im Westjordanland. Foto: Marlies Müller/pde

Fotos: Marlies Müller/pde

Das gepresste Olivenöl wird in einer Badewanne aufgefangen und anschließend in Kanistern abgefüllt. Fotos: Marlies Müller/pde

Eichstätt. (pde) – Bei der Chrisammesse zu Beginn der Karwoche werden die Öle gesegnet, die bei Taufe, Firmung, Priesterweihe oder Krankensalbung benötigt werden. Als Basis für die Heiligen Öle dient Olivenöl, das die Komturei Eichstätt des Ritterordens im dritten Jahr in Folge aus dem Heiligen Land bezieht und dem Bistum spendet. Im Interview spricht die leitende Komturdame Marlies Müller über die besondere Bedeutung des Olivenöls für die Menschen in Palästina und über die Aufgaben ihres Ordens.

Frau Müller, war es vor dem Hintergrund der andauernden Kämpfe im Gaza-Streifen in diesem Jahr schwierig, das Olivenöl aus dem Heiligen Land zu bekommen?

Marlies Müller: Wir haben eine Dame im Orden, die den Öleinkauf koordiniert. Sie hat mir von den Schwierigkeiten der Koordination und der diesjährigen Öllieferung berichtet. Das Öl kam mit Verspätung kurz vor Weihnachten in Deutschland an. Wir sind sehr froh und dankbar, dass die Öllieferung geklappt hat. Mit der Ölspende an unser Bistum können wir einen winzigen Beitrag zur Verbesserung der desaströsen Situation der Christinnen und Christen im Heiligen Land leisten.

Auch andere Komtureien in Deutschland spenden ihren Bistümern Öl aus dem Heiligen Land. Was ist die Motivation des Ritterordens für diese Ölspende?

Das Olivenöl kommt aus der Region Taybeh und Jenin im Westjordanland. Das Dorf Taybeh liegt etwa zehn Kilometer östlich von Ramallah und gilt als das biblische Ephraim. Es ist heute der einzige fast komplett christliche Ort im Heiligen Land. Für die Gemeinde dort ist die Produktion von Olivenöl eine wichtige Einnahmequelle, die vielen Familien ein unabhängigeres Leben ermöglicht. Mit der Ölspende wollen wir den Menschen dort helfen.

Konnten Sie, konnte der Ritterorden im Kontakt mit den Ölivenbauern erfahren, wie die Menschen dort die Kriegszustände erleben, wie die Situation momentan vor Ort ist?

Einen direkten Kontakt zu den Menschen in Taybeh habe ich nicht. Ich weiß aber, dass die Arbeitslosigkeit im Westjordanland durch den Gaza-Krieg von 30 Prozent auf über 70 Prozent gestiegen ist. Es gibt auch dort gezielte Militäreinsätze mit Toten, obwohl das Westjordanland nicht Teil der Militäraktion ist.

Sie waren 2022 zusammen mit anderen Mitgliedern des Ritterordens vor Ort. Wie leben die Menschen dort, wie wichtig ist ihnen die Olivenölproduktion?

Die Olivenölproduktion ist ganz wichtig für sie, denn sie gehört zu ihrem Lebensunterhalt. Außerdem leben sie vom Tourismus, der aber jetzt komplett zusammengebrochen ist. Das bedeutet, dass nicht nur in Hotels und Unterkünften die Gäste ausbleiben, sondern daran hängen auch Beschäftige in der Nahrungsmittelversorgung, Busunternehmen sowie die Tourismusführer und Putzpersonal, die jetzt alle arbeitslos sind.

Der Ritterorden setzt sich für die Christen im Heiligen Land und die Stärkung der Verbindung zwischen dem Heiligen Land und den in Deutschland lebenden Christen ein. Welche Bedeutung hat das Olivenöl für die Heilige Öle in diesem Zusammenhang?

Ich finde es wunderbar, wenn in Diözesen das Öl für die Heiligen Öle aus dem Land kommt, in dem Jesus unterwegs war, wo er gelebt hat und gestorben ist, und das Öl nicht im Supermarkt zusammen gekauft wird. Dieses Jahr hatten wir wieder die Möglichkeit, Öl aus Palästina zu erhalten. Wer weiß, wie die Situation im nächsten Jahr ausschaut.

Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie die Nachrichten über den Konflikt im Heiligen Land verfolgen?

Ich bin fix und fertig, dass es jetzt so eskaliert ist, aber das war zu erwarten. Als wir im November 2022 dort waren, sagte uns der Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Ramallah, dass es nach seiner Einschätzung nur noch einen Augenblick dauern würde, bis es krache. Es hat dann zwar noch fast ein Jahr gedauert, aber die Konfliktparteien schienen wohl schon damals in Lauerstellung zu sein. Es stellt sich die Frage, inwieweit man die Friedensarbeit im Heiligen Land in den vergangenen Jahren hat fördern können.

„Mittendrin – Barrieren überwinden“ lautet das Motto der diesjährigen Palmsonntagskollekte, die für Projekte für hilfsbedürftige Menschen im Heiligen Land bestimmt ist. Wie wichtig ist es, dass sich die Gläubigen im Bistum Eichstätt dabei solidarisch zeigen und spenden?

Es ist notwendig, dass sich die Christinnen und Christen in Bistum großzügig an der Kollekte beteiligen, denn es fehlt einfach an Allem. Viele Menschen im Heiligen Land haben kein Einkommen mehr. Manche haben eben nicht das Glück, dass sie zum Beispiel in der Dormitio Abtei in Jerusalem bei Abt Nikodemus Schnabel angestellt sind. Er hat bisher niemanden entlassen und schaut, wie seine Abtei über die Runden kommt. Er sagt, wenn ich eine Angestellte oder einen Angestellten entlasse, entlasse ich eine ganze Familie. Es fehlt in Palästina an der Versorgung mit Medikamenten, Schul- und Mietgelder müssen bezahlt werden und die Menschen haben kein Einkommen mehr. Wenn die Arbeitslosigkeit von 30 Prozent auf über 70 Prozent gestiegen ist, müssen wir uns nicht fragen, wo es überall fehlt.

Ihr Orden unterstützt das Rachelcenter, eine Kindertagesstätte des Bistums Jerusalem. Wem kommt diese Hilfe zu Gute?

Das Rachelcenter betreut Kinder von Migrantinnen und Migranten im Alter von drei Monaten bis drei Jahren aus Eritrea, Äthiopien, Sri Lanka und den Philippinen. Außerdem werden in der Altersgruppe von 3 bis 17 Jahren 15 Kinder während der Schulzeit sowie zwischen 30 und 50 Kinder im Ganztagsprogramm betreut. Mitglieder des Ritterordens aus Eichstätt haben während einer Pilgerreise ins Heilige Land das Rachelcenter besucht und angesichts der Notsituation vor Ort entschieden, die Einrichtung zu unterstützen. Wir helfen bei der Versorgung der Kinder und des Betreuungsteams mit Lebensmitteln. 2022 haben wir vom Ritterorden dafür in der Adventszeit eine Reihe von Orgelkonzerten in einigen Kirchen in unserem Bistum veranstaltet. Hier gebührt Domorganist Martin Bernreuther ein großes Lob. Am Ende konnten wir insgesamt 5000 Euro an das Rachelcenter überweisen.

Ein anderes Projekt des Ritterordens, das auch von Eichstätt aus unterstützt wird, sind sogenannte Sommercamps. Worum geht es da?

Diese Sommercamps in Tabgha auf dem Gelände des Benediktinerordens am See Genezareth werden vom gesamten Ritterorden unterstützt. Dort können sich auch junge Menschen mit Behinderung in entsprechenden Einrichtungen erholen, Kontakt mit andersgläubigen Jugendlichen knüpfen, sich austauschen, Erfahrung sammeln. Es geht um Friedenserziehung, um das friedliche Miteinander junger Menschen unterschiedlichen Glaubens. Die Eltern dieser jungen Menschen haben während des Camps eine Verschnaufpause zuhause.

Bei dem Namen „Ritterorden“ denkt man ans Mittelalter. Könnten Sie erklären, was das Wesen des Ordens ist?

Der Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem entstand aus einer spätmittelalterlichen Pilgerbewegung und wurde 1868 als ein päpstlicher Laienorden – auch mit geistlichen Mitgliedern – gegründet. Er steht eben nicht in der Tradition der Kreuzzüge. Die Gemeinschaft katholischer Damen (Ordensdamen genannt) und Herren (Rittern) unterstützt seit 150 Jahren die christlichen Gemeinden im Heiligen Land mit Schwerpunkt in Israel, Jordanien und Palästina. Weltweit zählt der Orden 30.000 Mitglieder, davon 1.460 in Deutschland, rund 400 in Bayern. Sie sorgen durch Gebet, Pilgerfahrten und Opfer für die Sicherung der religiösen Heimat der Christen, vor allem im Bistum Jerusalem. Wir tragen bei zur Finanzierung seiner rund 60 Pfarreien und Einrichtungen. Auch das Zusammenleben der Christinnen und Christen mit ihren muslimischen und jüdischen Nachbarn wird gefördert. Wir unterstützen Erziehung, Bildung und Ausbildung in Kindergärten, Schulen und Universitäten. Wir leisten soziale Hilfe für Krankenhäuser, Altenheime und für Menschen in Not, in jüngerer Zeit vor allem auch für die zahllosen Flüchtlinge der Auseinandersetzungen in der Region und für die vielen Migranten in Israel. Bei uns im Orden gibt es das sogenannte Karfreitagsopfer. Dazu ist jedes Mitglied aufgerufen. Die Spendengelder gelangen eins zu eins ins Heilige Land für die notwendigen Projekte zur Linderung all der Nöten, die es dort gibt.

Seit wann gibt es die Komturei Eichstätt und wie setzt sich ihre Mitgliedschaft zusammen? Wer darf Mitglied werden?

Die Komturei St. Willibald Eichstätt wurde 1984 gegründet und zählt derzeit 35 Mitglieder. Nur Mitglieder der römisch-katholischen Kirche dürfen Mitglieder des Ordens werden. Man muss gefragt werden, man kann sich nicht selbst bewerben. In den anderen Orden wie dem Deutschen Orden oder beim Malteserorden ist das Prozedere das Gleiche.

Bei Prozessionen und besonderen Festen tragen die Mitglieder des Ritterordens ein auffälliges Gewand? Was stellt es dar?

Der Ordensmantel mit dem Jerusalemkreuz ist ein liturgisches Gewand und wird ausschließlich im Gottesdienst getragen. Es ist das Erkennungszeichen des Ritterordens.

Die Fragen stellte Geraldo Hoffmann

Heilige Öle

Die Heiligen Öle bestehen aus einer Mischung von Olivenöl und ätherischen Ölen. Dabei unterscheidet man zwischen drei verschiedenen Ölen. Das wichtigste ist das Chrisam, welches unter anderem bei der Taufe, Firmung und bei der Priesterweihe verwendet wird. Für den Chrisam mischt Mesner Denis Friedrich dem Olivenöl wenige Tropfen Rosenöl bei. Außerdem gibt es noch das Krankenöl für das Sakrament der Krankensalbung (mit einer Zimtholzduftnote) und das Katechumenenöl (Olivenöl mit Orangenschalenöl), mit dem Taufbewerber vor der Taufe gesalbt werden. Da das Salben mit Öl zur Zeit der Bibel nur Königen vorbehalten war, bringt die Salbung mit Chrisam zum Ausdruck, dass alle Menschen eine „königliche“, unantastbare Würde besitzen. Bischof Gregor Maria Hanke weiht die Öle in der Chrisammesse am Montag, 25. März, um 17.30 Uhr in der Eichstätter Schutzengelkirche. Anschließend werden sie den acht Dekanen des Bistums überreicht, die sie wiederum an die Pfarreien verteilen.

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