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Filialkirche St. Bonifatius - Dietenhofen

Neubau der Filialkirche St. Bonifatius, Dietenhofen, 2006-2009

2006 – 2009

Neubau der Pfarrkirche am Ortsrand


Im mittelfränkischen Dietenhofen wächst die katholische Gemeinde seit Jahren. Die Behelfskirche von 1956 wurde zu klein; ihre Erweiterung und die anstehende Sanierung erwiesen sich als unwirtschaftlich.

Das Umfeld der neuen Kirche am Ortsrand besteht aus Rückfronten von Gewerbebauten, rohen Ziegelmauern und einem schlichten Barockbau. Der Ort wirkt abgeriegelt und strukturlos. Darauf reagierten wir mit einem elliptischen Baukörper, weil diese Form nicht neutral ist und einen Bezug zur Umgebung herstellt. Nun rahmen die angrenzenden Gebäuderiegel wie Flügel einen Platz, den die Kirche definiert und beherrscht, ohne die Umgebung zu überragen. Sie macht das Konglomerat zum Ensemble und wertet als markanter Blickpunkt die historische Bebauung auf. Gleichzeitig entstand das bislang fehlende ortsräumliche Entree.

Das Gebäude besteht aus Stahlträgern, die eine Außen- und eine Innenhaut fixieren. Eine monolithe Betondecke, unterfangen von einem Netz aus Stahlrippen, stabilisiert das Skelett. Es handelt sich um die erste Kirche in Deutschland, die ausschließlich mit regenerativen Energien versorgt wird. Durch die Kombination von Fotovoltaik und Geothermie ist das Gebäude energetisch autark.

Der gesamte Entwurf basiert auf dem Grundmaß 12 cm, bzw. der Zahl zwölf. Alle Abmessungen der Architektur und der Ausstattung lassen sich als Vielfaches dieses Moduls ausdrücken. Die geschuppte Außenhaut aus 384 gerippten Industriegläsern erfüllt alle bauphysikalischen Anforderungen, während die nicht tragende Innenhülle künstlerische Ausstattung ist. Dazwischen verläuft ein Wartungskorridor. Über diese mehrschichtige Membrane wird der Lichteinfall gefiltert. Die 288 Glasplatten der Innenhülle wurden zunächst einzeln von Hand mit dunkler Farbe strukturiert und dann gebrannt. Zusammen mit vier rechteckigen Farbbahnen aus mundgeblasenem Glas tauchen sie den Raum in ein mystisches Licht.

Die Ordnung des Innenraums ist ganz auf die Längsachse ausgerichtet. Sie beschreibt, mit Jurasteinplatten belegt, einen liturgischen Weg, beginnend im Osten, mit den Stationen: Salbung/Osterkerze, Taufe/Weihwasser, Wort/Ambo, Opfermahl/Altar, Sakrament/Tabernakel. Architektur, Liturgie und künstlerische Ausstattung [bildhauerische Arbeiten von Rudolf Ackermann, Deutschland; Gläser von Godi und Lukas Hirschi, Schweiz] bilden eine untrennbare Einheit. Gleichwohl ist Sankt Bonifatius keine ikonische Architektur: Obwohl wir im Zeitalter der Bilder leben, bleibt die Kirche bilderlos.

Fotos: C. Stepan/C. Lang

Videos: Kreuzweg | Die erste energieautarke Kirche Deutschlands | Einweihung