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04.07.2024

DJK-Präsident Martini – ein „Außendienstmitarbeiter der Kirche“ bei der EM 2024

Selfie: Bernhard Martini

Bernhard Martini erlebt als Mitarbeiter des UEFA-Organisationsteams viele EM-Spiele im Stadion, wie hier in Frankfurt. Selfie: Bernhard Martini

Eichstätt – Bernhard Martini ist seit fünf Jahren Präsident des DJK-Sportverbandes im Bistum Eichstätt sowie DJK-Vizepräsident Sportentwicklung auf Bundesebene und spielt im Organisationsteam der Fußball-Europameisterschaft mit. Im Interview spricht der fußballbegeisterte Ingolstädter über seine Arbeit und die Stimmung bei der EM, die Stärken des größten katholischen Verbandes in der Diözese und das Zusammenspiel zwischen Kirche und Sport.

Herr Martini, Sie sind bei der Europameisterschaft mittendrin im Geschehen, Sie arbeiten bei der Euro 2024 GmbH. Wie kam es dazu und was ist Ihre Aufgabe?

Bernhard Martini: Ich war bereits bei der UEFA Euro 2020 im Einsatz zuerst als Langzeitfreiwilliger und später als Supervisor im Bereich Zuschauer-Services. Für die Euro 2024 war ich wieder Long Term Volunteer und später kam die Anfrage für Aufgabe als Spectator Services Deputy Venue Manager (zu Deutsch: Stellvertretender Veranstaltungsortleiter für Zuschauer-Services). In meinem Projekt geht es um die Zuschauerleitung vor und im Stadion. Die 250 Volunteers in diesem Bereich helfen den Zuschauern sich zurecht zu finden und verbreiten gute Stimmung und Informationen. Im Vorfeld wurden von uns die Trainingsunterlagen dafür erstellt, ebenso wie die Standortorte der einzelnen Volunteers ermittelt und zu Papier gebracht. Während des Spiels steht man im engen Kontakt mit dem Veranstaltungsortmanager, koordiniert die Leitung der Zuschauerströme und versucht einen reibungslosen Ablauf vor, während und nach dem Spiel zu gewährleisten.

Insgesamt sind 16.000 Ehrenamtliche bei der EM in Deutschland im Einsatz. Was machen sie konkret?

Wir haben pro Host City 1600 Volunteers in verschiedenen Bereichen im Einsatz. Neben dem großen Bereich der Zuschauer-Services gibt fast 400 Volunteers für die „Pre-Match-Ceremonies“, die sieht man meistens im Fernsehen, weil sie die Fahnen aufrollen und die Choreografie vor dem Anpfiff gestalten. Andere packen im Hintergrund an, zum Beispiel bei der Essensausgabe und unterstützen Menschen mit Behinderung. Es gibt Freiwillige im medizinischen und sanitarischen Bereich sowie Nachhaltigkeitsfreiwillige, die „Green Volunteers“. Sie schauen nach jedem Spiel, das vom übriggebliebenen Essen nichts weggeworfen wird, sondern an Einrichtungen übergeben wird, die es wiederum weitergeben. Die Freiwilligen verteilen auch die Lunchpakete für die Mitarbeitenden – an einem Tag sind zum Beispiel bis zu 4000 Mitarbeitende im Stadion tätig. Darüber hinaus gibt es Ticketkontrolleure, Pool-Fahrzeugführer und Freiwillige für den VIP-Bereich.

Inwiefern spiegelt sich bei den Volunteers auch das ehrenamtliche Engagement wider, wie Sie es aus der Verbandsarbeit kennen?

Das ist je nach Generation unterschiedlich. Bei diesen Freiwilligen spiegelt sich die ganze Gesellschaft wider. Viele Volunteers sind schon lange dabei und oft in Vereinen und Verbänden organisiert. Sie bringen großes Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit mit. Bei vielen Neuen steht eher der Spaß, das Leben im Moment im Vordergrund. Da kommt es dann auch vor, dass sie oft fehlen oder sich nicht mehr melden. So ist es bei den Vereinen und Verbänden nicht.

Sie sind als Koordinator für Volunteers fast täglich im Stadion. Wie erleben Sie diese EM?

Es ist ein tolles Erlebnis, von Beginn an im Team zu sein und alles hautnah zu erleben. Man bekommt einen Einblick in alle Bereiche der Organisation und auch in die Probleme, mit denen man oft kämpfen muss. Aber genau das macht es aus. Es gibt keine Probleme nur Herausforderungen und dafür findet man fast immer Lösungen. Ich bin seit dem 6. Mai täglich im Stadion, habe gesehen, wie alles angeliefert wurde, wie das Stadion vom FC Bayern an die UEFA übergeben wurde, wie die Sitze umgebaut wurden. Wir haben ein tolles Team mit Menschen aus der ganzen Welt. Es entwickelt sich ein familiärer Gedanke, der sie auch in den Emotionen bei den Spielen widerspiegelt. Die Stimmung ist toll und man freut sich, ein kleines Teil von etwas ganz Großes zu sein. Mein schönster Moment war bisher mit dem Team auf dem Platz ein Foto mit dem EM-Pokal zu machen. Aber die EM ist noch nicht vorbei.

Was verbindet Sie persönlich mit dem Fußball?

Ich war selbst lange Fußballspieler, habe schon in jungen Jahren meine Trainerlizenz gemacht und viele Mannschaften von Klein bis Groß trainiert. Ich durfte auch einmal Auswahltrainer der DJK-Bundesmeistermannschaft sein. Ich war Spieler, Trainer, Jugendleiter, Abteilungsleiter, Funktionär, jetzt Verbandspräsident – bin also durch und durch mit dem Fußball verbunden.

Wie stark ist Fußball im DJK Sportverband vertreten?

Der Fußball ist immer noch die größte Sparte im DJK Sportverband. Von unseren 51 Vereinen im Bistum bieten 46 Fußball an. Und der Fußball wächst, gerade der Mädchenfußball. Auch bei der DJK gibt es Vereine mit Mädchen-Teams. Wir haben auch schon einige Nationalspielerinnen aus DJK-Vereinen hervorgebracht. Das geht meistens unter, weil sie dann nicht mehr bei der DJK spielen, sondern eben beim FC Bayern oder anderswo. Aus der DJK-Ingolstadt stammt zum Beispiel Emily Bernhardt, die dort groß geworden ist, nicht in der Mädchenmannschaft, sondern in den Jungen-Mannschaften, und dann über den FC Bayern und Werder Bremen bei Turbine Potsdam gelandet ist. Es macht uns stolz zu wissen, dass aus unseren Reihen auch hervorragende Spielerinnen und Spieler gefördert werden.

Der DJK-Diözesanverband hat kürzlich einen Zuwachs der Mitgliedszahlen vermeldet. Das ist für einen katholischen Verband fast eine Sensation. Was macht Ihr Verband attraktiv?

Wir haben in den vergangenen zwei Jahren 2500 Mitglieder im Verband dazu gewonnen. Damit stieg die Zahl unserer Mitglieder auf 32.790 Personen (Stand: 31. Dezember 2023). Wer im Verband dazu kommt, kommt bei den DJK-Vereinen dazu. Viele Kinder und Familien wollen wieder in Sportvereinen eintreten, nicht nur im Fußball. Zunächst sind DJK-Vereine Sportvereine wie jeder andere vielleicht auch. Sie bieten Fußball, Tennis, Gymnastik usw. an. Andererseits bieten wir wirklich mehr an als nur Verein zu sein: Wir wollen wie eine Familie sein und die christlichen Werte weitergeben. Bei den Veranstaltungen des Verbandes gibt es immer geistliche Worte, eine Inspiration für die Familien. Wir bieten viele Veranstaltungen für die Vereine an, über die sich die Mitglieder freuen, dabei sein zu können.

Sehen Sie für die Kirche eine Chance, über den Sport neue Zielgruppen zu erreichen?

Ich hoffe, dass die Kirche das versteht. Wir vom DJK-Diözesanverband und auch die anderen Verbände versuchen, dem Bistum immer wieder darzulegen, dass wir die Chance sind, wieder Jugendliche, Kinder und Erwachsene zurück in die Kirche zu holen. Einfach weil wir ganz andere Wege gehen. Wir gehen den Weg über den Sport und über unsere Art, mit den Menschen zu kommunizieren. Es ist wichtig, dass die Kirche versteht, dass wir nicht „nur“ der Sportverein und der Sportverband sind, nach dem Motto mit euch kann man nichts anfangen. Ich glaube, es ist inzwischen angekommen, dass man uns als mitgliedstärkster Verband der katholischen Kirche im Bistum nicht einfach so in die Ecke stellen kann. Doch es könnte schon etwas mehr Anerkennung von der Kirche kommen für das, was wir leisten. Anstatt die Verbände zu vernachlässigen, sollte die Kirche auf sie zugehen, um genau das andersherum zu machen, was vielleicht in den letzten Jahren nicht so gut gelaufen ist.

Gerade zum Fußball war die Beziehung der Kirche nicht immer harmonisch. Es gab Zeiten, da hat die Kirche Fußballspiele am Sonntagvormittag nicht gerne gesehen. Wie würden Sie das Zusammenspiel heute beschreiben?

Wir sind ein katholischer Sportverband. Wir wurden durch die Kirche gegründet und damit ist auch für uns klar, der Sonntag ist der Tag des Herrn. Was den Fußball am Sonntagvormittag betrifft, hat sich das Verhältnis entspannt, weil die Kirche nicht mehr jeden Sonntagvormittag einen Gottesdienst in jeder Gemeinde anbietet, sondern vielleicht schon am Samstagabend oder am Freitagabend. Wir als Verband sehen uns natürlich als die Außendienstmitarbeiter der Kirche, weil wir ganz unverblümt die christliche Botschaft verbreiten können, ohne voreingenommen zu sein. Wir können das. Und das ist ein Ziel für mich auch für die Zukunft: Den Vereinen die Möglichkeit zu geben, ohne dass man in die Kirche gehen muss, die christlichen Werte spielerisch an die Jugendlichen und an die Kinder zu vermitteln.

Zurück zur EM: Was kann der Sport bis hinunter zur Amateurebene von solchen großen Events abgewinnen? Springen etwa Fördergelder für die kleinen Vereine raus?

Wenn deutsche Sportlerinnen und Sportler oder Mannschaften bei den Wettbewerben gut abschneiden, dann profitieren die Vereine insofern davon, dass sie mehr Zulauf haben. Das war schon so als Boris Becker oder Steffi Graf den Tennis dominierten, als Dirk Nowitzki aus der DJK Würzburg zu einem der besten Basketballer der Welt aufgestiegen ist oder nach der Fußball-WM 2006 in Deutschland und dem deutschen Titelgewinn bei der WM 2014 in Brasilien. Gerade hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) vermeldet, dass er 7,7 Millionen Mitglieder hat, so viele wie nie zuvor. Gut finde ich, dass der DFB und die UEFA zur EM in Deutschland ein Nachhaltigkeitsprogramm ins Leben gerufen und einen Klimafonds aufgesetzt haben. Damit werden Vereine bei der Entwicklung von Klimaschutzprojekten unterstützt. Auch DJK-Vereine aus dem Bistum Eichstätt haben sich mit Projekten beworben und den Zuschlag bekommen. Wenn solche Programme aufgelegt werden, informieren wir die Vereine und unterstützen sie bei der Bewerbung. Das ist wichtig, weil Geld bei jedem Verein knapp ist.

Nachhaltigkeit wird nicht nur bei der EM großgeschrieben, es ist auch ein Schwerpunktthema im Strategieprozess des Bistums. Ist das auch für die DJK ein Thema?

Wir sind in diesem Bereich schon ziemlich weit gekommen, weil wir seit Jahren mit unserem Förderverein die DJK-Vereine bei Nachhaltigkeitsprojekten unterstützen. Das geht von Sportstätten-Umbauten über energetischen Sanierungen bis hin zur umweltfreundlichen Beleuchtung der Fußballplätze. Fast alle DJK-Vereine im Bistum haben bereits auf LED-Beleuchtung der Spielplätze umgerüstet. Bei Flutlichtanlagen setzen sie Solarenergie ein. Wir helfen den Vereinen und vergeben auch Preise für Nachhaltigkeitsprojekte. Damit möchten wir erreichen, dass die Vereine rechtzeitig dieses Thema in die Hand nehmen.

Und wer wird am 14. Juli den EM-Pokal in den Händen halten, wer wird Europameister 2024?

Natürlich würde ich mir Deutschland wünschen. Gerade bei der Heim-EM wäre das super, aber letztendlich gewinnt das Team, das zum richtigen Zeitpunkt genau das auf dem Rasen umsetzen kann, was es braucht, um den Sieg zu holen. Viele Teams haben sich bisher durchgemogelt. Frankreich, Holland, England und Portugal kamen mit Glück weiter. Die einzigen, die wirklich mit guten Spielen weiterkommen sind, waren Deutschland und Spanien. Ich gehe davon aus, dass Spanien einer der haushohen Favoriten ist. Aber wenn wir sie am Freitag schlagen, dann sind wir wahrscheinlich der Favorit für den Titel.

Vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Geraldo Hoffmann

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