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15.08.2024

Aus dem Nähkästchen geplaudert: Die Renovierung des Eichstätter Doms

Domkapitular Reinhard Kürzinger an der Domtür

Der Hausherr des Eichstätter Doms, Domkapitular Reinhard Kürzinger, gibt einen Ein-Blick in die Renovierungsarbeiten. Foto: Anika Taiber-Groh/pde

Gotische Kreuzrippen im Gewölbe

Das Gewölbe während der Sanierung. Foto: W. Proschki

Bauarbeiter im Willibaldschor

Die Renovierung des Westchors. Foto: Bernhard Löhlein/pde

Der Taufstein am Haken des Krans

Der Taufstein wird versetzt. Foto: Bernhard Löhlein/pde

Eichstätt (pde) – Der Countdown läuft: Am Kirchweihsonntag, den 20. Oktober, wird der Eichstätter Dom nach über vierjähriger Renovierungszeit mit einem feierlichen Gottesdienst wieder geöffnet. Erleichtert darüber ist vor allem Domkapitular Reinhard Kürzinger. Als „Hausherr“ hat er die umfassenden Sanierungsarbeiten am Dom erfolgreich geleitet. Während der Renovierung wurden bedeutende Maßnahmen ergriffen, darunter die Verlegung des Taufsteins, die Neugestaltung der Altarinsel, sowie der Einbau einer behindertengerechten Zugangsmöglichkeit und einer modernen Löschanlage. Über diese und noch viele weitere Geschichten rund um die Renovierung hat er in einem Interview erzählt.

Herr Kürzinger, Sie sind ja der Summus Custos des Eichstätter Doms. Das heißt übersetzt „Der höchste Wächter“. Was gehört denn zu Ihren Aufgaben?

Ich bin de facto der Hausherr des Domes. Die Funktion des Summus Custos ist natürlich wichtig, wenn so eine große Renovierung ansteht wie in den letzten Jahren. Da bin ich der Mittelsmann für die staatlichen Stellen, zum Teil auch für die Handwerker. Das ist mit viel Verantwortung verbunden, noch mehr mit Diplomatie. Ich muss ja immer den Bischof fragen, ob ihm das so recht ist, was wir da drüben machen. Ich brauche Entscheidungen des Domkapitels und ich muss auch immer die Dompfarrei einbinden. Also eigentlich bin ich mehr Diplomat.

Am 1. März 2020 wurde der Eichstätter Dom wegen der Renovierungsarbeiten geschlossen. Es gab eine feierliche Prozession, die Reliquie des hl. Willibalds wurde in die Schutzengelkirche gebracht. Die ist dann bis jetzt der Ersatzdom gewesen. Und in dieser feierlichen Prozession sind Sie sogar mit einem Bauhelm hinübergezogen. Können Sie sich erinnern?

Ja, das war eine sehr feierliche Prozession, und mit etwas Wehmut haben wir die Kathedralkirche verlassen. Aber damals haben ja 567 Engel den heiligen Willibald in Empfang genommen, und ich denke, da war er auch in guter Obhut.

Warum war die Renovierung notwendig?

Zum einen war der Dachstuhl marode. Er ist er aus den Fugen geraten und hat auf die Außenmauern gedrückt. Da hat sich ein statisches Problem ergeben. Zudem sind immer wieder Teile von der Decke heruntergefallen und im Kirchenschiff gelandet. Da war natürlich Gefahr im Verzug. Man hat dann das Gewölbe genauer untersucht und musste viele Hohlräume mit Beton verpressen.

Und deswegen auch die Schließung, weil man ja in Ruhe diese Sanierungsarbeiten machen und nicht immer nur stückchenweise aufsperren wollte.

So ein Facelifting ist alle 50 Jahre notwendig. Diesmal ist es um Dach und Fach gegangen und wir haben auch im Inneren einige Veränderungen vorgenommen. Wir haben den Taufstein versetzt, die Altarinsel wird neu gestaltet, es kommt ein behindertengerechter Zugang und vor allen Dingen eine neue Löschanlage. Das ist heute einfach bei solch großen öffentlichen Bauten ein Muss, auch wenn es sehr viel Geld kostet.

Sie haben ja damals bei dem letzten Gottesdienst im Dom auch visionär die Idee aufgegriffen: man könnte den Domplatz doch autofrei gestalten. Das ist jetzt passiert.

Bei meiner Baustellenpredigt habe ich damals davon gesprochen, dass man doch die Autos vor dem Dom verbannen müsste, damit die Blechlawinen nicht diese einzig zugängliche Seite des Domes verstellen. Und ich habe von einem kleinen Archäologiepark geträumt, weil auf dieser Seite eine alte Kapelle im Untergrund schlummert. Die ist nur verfüllt. Man könnte das wieder aufmachen und mit einer Glasplatte überdecken, so dass es etwas für die Touristen zu sehen gäbe.

Hat es denn bei der Sanierungen Überraschungen gegeben?

Um den Dom herum läuft seit 100 Jahren ein mannshoher Schacht. Er sollte eigentlich die Grundmauern trocken halten. Das Gegenteil ist leider der Fall gewesen. Wir haben den Schacht jetzt aufgemacht und wollten ihn verfüllen. Und dann kam dieser Starkregen. Der Schacht ist vollgelaufen mit dem Ergebnis, dass der Dom jetzt sozusagen nasse Füße hat.

Und was macht man jetzt, damit er wieder trocken wird?

Wir lassen das jetzt austrocknen. Da braucht es viele Kübel an Farbe. Danach werden wir den Schaden ausbessern. Es wird aber die Öffnung nicht verzögern.

Und gab es während der Arbeiten irgendwelche Funde? Also etwas, was nicht auf Ihrer Liste stand? Sie tragen ja auch die Verantwortung für das gesamte Inventar des Doms.

Uns ist tatsächlich ein toller Fund gelungen. Während die Kirchenmaler die Rückseite des Hochaltars instand gesetzt haben, haben sie eine alte Monstranz entdeckt, von der niemand mehr wusste. Die nehme ich jetzt auf die Inventarliste.

Sie fahren öfters mit dem Fahrrad am Domplatz entlang. Haben Sie da erlebt, dass Touristen nach oben gucken und sagen: „Schade, dass man nicht reingehen kann.“

Das ist mir ständig passiert. Und immer, wenn ich am Bauzaun stand, haben mich Fremde angesprochen. Oder wenn ich in den Dom hineingegangen bin und nicht gleich die Tür hinter mir zugezogen habe, dann waren Leute mitten in der Baustelle gestanden. Leider mussten wir sie vertrösten und darauf hinweisen, dass sie sich in einer Baustelle befinden.

Sie haben es vorhin schon angesprochen: Es gibt eine Brandschutzanlage. Wie muss ich mir die praktisch vorstellen?

Seit dem Brand von Notre Dame ist so eine Löschwasser-Anlage Pflicht. Ich würde sonst gar keine Versicherung abschließen können. Das ist technisch sehr aufwendig, aber die Feuerwehr war von Anfang an mit involviert. Die Rohre sind in einer Ecke am Nordturm verbaut. Mancher stört sich daran. Aber innen war es nicht möglich, durch das Gewölbe zu gehen. Wir werden uns an diese Löschwasser-Leitungen noch gewöhnen.

Einen Aufzug wird es auch geben. Mit ihm kann man barrierefrei in den Dom gelangen. Warum aber befindet er sich unmittelbar beim Querschiff?

Das geht auf einen Zufall zurück. Mir sagte jemand, dass es früher hinter dem Epitaph einen Zugang zum Dom gab. Das schien uns die beste Stelle zu sein, um zwei Höhenmeter zu überwinden. Glücklicherweise fügt sich dieser Aufzug jetzt ganz gut in diese Seitenkapelle ein. Er wirkt nicht als überdimensionierte Beichtstuhl und er verstellt vor allen Dingen auch nicht den Blick auf eines der bedeutendsten Kunstwerke, dem Pappenheimer Altar.

Aber dafür musste das Epitaph versetzt werden. Auch der Taufstein steht nun an anderer Stelle.

Ja, der stand jetzt wegen des behindertengerechte Zugangs im Weg. Allerdings hatte der Taufstein noch nie einen festen Platz im Dom. Er ist immer wieder umhergewandert. Jetzt steht er inmitten der Kathedrale. Das habe ich auch bei Pilgerfahrten im Ausland gesehen. Er könnte als zentrales Weihwasserbecken fungieren. Und wenn wir sonntags Kinder taufen, findet das inmitten der versammelten Gläubigen statt.

Was sicher am meisten auffallen wird, wenn man den Dom nach vier Jahren wieder von Innen sieht, ist der Altarraum. Der wird neu gestaltet.

Das war ursprünglich nicht vorgesehen, aber es hat ja viel Ärger mit dem überdimensionierten Osterleuchter gegeben. Von daher war jetzt die Gelegenheit. Es musste ja alles abgebaut werden. Der Dom war vollständig eingerüstet. Und da haben wir überlegt: Wie könnte die Altarinsel ergänzt werden? Wir haben einen Künstlerwettbewerb ausgelobt und der Entwurf, den wir jetzt umsetzen, hat einhellige Zustimmung gefunden. Und finanziert wird die neue Altarinsel von privaten Spenden aus dem Domkapitel und vom Bischof. Auch die Dompfarrei hat ihr Scherflein dazugelegt.

Herr Kürzinger, der Dom hätte ja eigentlich schon im Juli während der Willibaldswoche eröffnet werden sollen. Das musste leider verschoben werden wegen des Brands eines Luftabsaugegerätes. Was jetzt noch vor allem ansteht, das ist sind die Reinigungsarbeiten.

Ja, der Staub hat sich überall niedergesetzt und wir sind am Reinigen und am Reinigen und am Reinigen. Ich habe mir schon überlegt, ob ich die Bevölkerung zur Öffnung des Domes einlade – mit einem Staubtuch zum verspäteten Frühjahrsputz sozusagen.

Und trotz alledem: Der Dom wird in einem neuem Glanz erstrahlen, denn es gibt ein eigenes Lichtkonzept.

Wir haben natürlich einen genialen Lichtingenieur, der nicht einfach Lampen aufhängt. Die Lichter kann man unterschiedlich programmieren. Dieses Lichterspektakel ist ein einzigartiges Erlebnis. Bei einem Durchlauf wurden einmal alle Scheinwerfer auf den Altar gerichtet. Der war plötzlich in gleißend weißes Licht getaucht. Man dachte, ein Eisblock kommt zum Schmelzen.

Seit einiger Zeit strahlt auch das Nordportal mit der Darstellung von Maria Himmelfahrt. Das wurde frisch renoviert.

Dieses Nordportal wird als kunstgeschichtlich sehr bedeutend eingestuft. Ich finde, es ist toll geworden. Wenn man ein paar Schritte zurückgeht, dann kann man die Szenerie ganz gut sehen. Darum ist es ja auch geschickt, dass auf dem Domplatz keine Autos mehr dazwischenstehen. Mir ist es bei Führungen immer wieder passiert, dass mir die Autos fast über die Füße gefahren sind. Also ich brauche schon einige Meter Abstand, um Maria Himmelfahrt wirklich auch genau betrachten zu können.

Und damit das noch lange so geht, muss man sich auch was einfallen lassen im Kampf gegen die Taubenplage.

Wir wollten da kein Netz davorhängen oder Nägel an den Häuptern der Heiligen anbringen. Wir haben oben einige „Penthousewohnungen“ vorgesehen und wir dachten, der Falke kommt wieder. Inzwischen ist er tatsächlich auch zurückgekehrt, und es gibt drei junge Falken. Aber in einem Häuschen sind auch Tauben eingezogen. Und die wollten wir ja loswerden. Wir werden irgendwo einen Taubenkobel aufstellen müssen. Also ich hoffe nicht, dass dieses wunderschön restaurierte Nordportal demnächst wieder von Kot beschmiert ist und beschädigt wird.

Am 1. März 2020 war der feierliche Auszug aus dem Dom in die Schutzengelkirche. Am 20. Oktober 2024, am Kirchweihsonntag, geht es wieder zurück. Herr Kürzinger, ich kann mir vorstellen, Sie freuen sich auf diesen Augenblick.

Ja, natürlich. Endlich öffnen sich wieder die Pforten des Domes. Wir ziehen wieder an das Nordportal. Der Bischof wird von mir aufgefordert, den Dom wieder zu öffnen. Mit dem Stab wird er dreimal dagegen klopfen und dann werden sich die Pforten öffnen. Dann ziehen wir wieder ein in die Kathedralkirche, hoffentlich mit vielen Gläubigen im Gefolge. Es wird ein kurzes geistliches Konzert gegeben, bevor der feierliche Kirchweihgottesdienst eröffnet wird. Danach feiern wir auf Wunsch des Bischofs ein Fest. Alle sind auf einen kleinen Imbiss eingeladen. Am Nachmittag wird es noch eine Vesper geben. Da laden wir die Bischöfe und die Domkapitel aus der Umgebung ein. Und abends wird eine Lichterschau den Dom in ein ganz neues Licht versetzen.

Das Gespräch führte Bernhard Löhlein

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